(Fragile) Erfolge der Arbeiterbewegung
Zwei Millionen Deutsche entlassen. Sozialsysteme abgebaut. Arbeitszeiten verlängert: Was nach dystopischer Zukunft klingt, ist das Programm der kommenden Regierung Merz. Doch wie konnte es soweit kommen? Während Millionen Menschen täglich zur Arbeit gehen – eine Milliarde Überstunden leisten – wird ihnen Faulheit vorgeworfen. Während sie Wohlstand erwirtschaften, sollen sie auf ihre Rente verzichten. Der Acht-Stunden-Tag? Den erkämpften sich Arbeiter 1891 im Buchdruckerstreik. Krankenentgelt? 114 Tage streikten Werftarbeiter 1957 dafür. Was heute selbstverständlich scheint, wurde über 200 Jahre lang blutig erkämpft – gegen Sozialistengesetze, Repression und Gewalt.
Von den ersten dokumentierten Streiks im alten Ägypten 1159 v. Chr. bis zum größten Generalstreik der deutschen Geschichte 1920: zwölf Millionen Menschen verteidigten damals die Demokratie gegen den Kapp-Putsch. Heute stehen diese Errungenschaften erneut zur Disposition. Patrick und Jens durchleuchten die fragilen Erfolge der Arbeiterbewegung – von den Anfängen der Industrialisierung über Bismarcks Sozialgesetze bis zu Schröders Agenda 2010. Sie zeigen: Wohlstand fällt nicht vom Himmel. Er wird erkämpft. Und er kann wieder genommen werden.
Themen
- Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung seit 1800
- Erste Streiks und Gewerkschaftsgründungen
- Sozialistengesetze und Repression unter Bismarck
- Weimarer Republik und Generalstreik gegen Kapp-Putsch
- Zerschlagung der Gewerkschaften 1933
- Wiederaufbau nach 1945 und Mitbestimmung
- Gastarbeiter und wilde Streiks in den 1970ern
- Agenda 2010 und Hartz-Reformen
- Aktuelle Angriffe auf Arbeitnehmerrechte unter Merz
- Klimawandel als neue Herausforderung für Arbeitskämpfe
Erwähnte Personen & Organisationen
- Otto von Bismarck: Reichskanzler, führte Sozialistengesetze und erste Sozialversicherungen ein
- August Bebel: Mitgründer der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei
- Wilhelm Liebknecht: Mitgründer der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei
- Ramses III.: Ägyptischer Pharao, unter dem 1159 v. Chr. der erste dokumentierte Streik stattfand
- Kapp-Putsch: Rechtsextremer Putschversuch 1920, durch Generalstreik verhindert
- Gerhard Schröder: SPD-Bundeskanzler, führte Agenda 2010 und Hartz-Reformen ein
- Walter Riester: Arbeitsminister, Namensgeber der Riester-Rente
- Carsten Maschmeyer: Finanzunternehmer, profitierte von Riester-Rente
- Friedrich Merz: CDU-Vorsitzender, plant massive Sozialkürzungen
- Deutscher Gewerkschaftsbund (DGB): Dachverband der deutschen Gewerkschaften seit 1949
Begriffe
- Sozialistengesetze: Verbotsgesetze gegen SPD und Gewerkschaften 1878-1890 unter Bismarck
- Generalstreik: Arbeitsniederlegung aller oder großer Teile der Arbeiterschaft, 1920 gegen Kapp-Putsch
- Montanmitbestimmung: Paritätische Beteiligung von Arbeitnehmern in Aufsichtsräten der Kohle- und Stahlindustrie seit 1951
- Agenda 2010: Sozialreformen unter Schröder, führten zu Hartz IV und größtem Niedriglohnsektor Europas
- Gastarbeiter: Angeworbene ausländische Arbeitskräfte ab 1955, vor allem aus Italien, Türkei und anderen Ländern
- Wilde Streiks: Spontane, nicht von Gewerkschaften organisierte Arbeitsniederlegungen
- Work-Life-Balance: Ausgleich zwischen Arbeit und Privatleben, von Merz massiv kritisiert
Weiterführende Quellen
- Geschichte des DGB
- Bundeszentrale für politische Bildung: Arbeitsmarktpolitik
- Hans-Böckler-Stiftung: Arbeitskampfforschung
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Hall Jens hallo Patrick,
mein Name ist Fabian, ich bin 25 Jahre alt und seitdem ich durch jung & naiv auf euren Podcast aufmerksam geworden bin auch interessierter Zuhörer. Beim Hören fällt mir immer wieder auf, dass die negativen Aspekte oft ausgiebig beleuchtet werden. Ich will aber in meinen jungen Jahren nicht glauben, dass es nur schlechte Nachrichten gibt. Deshalb meine Anregung dazu, worüber ich mehr Erfahren möchte.
Mich interessiert, ob die negativen Entwicklungen, wie der Rechtsruck in den westlichen Staaten nicht zu positiven Entwicklungen auf der anderen Ländern führen. Ich frage mich zum Beispiel:
Sorgt die zunehmende Abschottung für einen Stop des Brain Drains in Entwicklungsländern (und damit verbunden besserer wirtschaftlicher Entwicklung)?
Können durch verringerte militärische Aufmerksamkeit der USA in Entwicklungsländern sozialistische Ideen wieder aufkeimen?
Sorgt die zunehmende Ausländerfeindlichkeit in z.B. den USA dafür, dass Menschen nicht mehr vor ihren Umständen fliehen (was völlig legitim wäre), sondern aktiv daran arbeiten, die Politik in ihrem Land zu verbessern?
Ich fände es toll, wenn ihr euch in einer Folge auch den demokratischen/sozialistischen Gegengewichten zum erstarkenden Faschismus widmen könntet. Ich hätte viel Freude beim zuhören.
Vielen Dank!